Page 15 - Galerie Schrade | 50 Jahre - seit 1971
P. 15
Xianwei Zhu (*1971), seit vielen Jahren in Vielzahl scharfer Konturen etüdenhaft beschwingte
Deutschland zuhause, hatte zunächst figurativ Komposition wirkt wie ein heiterer Kommentar zur
gemalt, extrapoliert inzwischen den Wesenskern Grundsatzfrage: Wie viel Abstraktion transportiert
der chinesischen Landschaftsmalerei und fusioniert ein gegenständliches Bild.
ihn mit Ideen der deutschen Romantik in zuweilen Im Bemühen um die Verknüpfung elementarer
duftig zartem Bildgeviert mit Transzendenzfaktor Formen (Oval, Kreis, Dreieck) mit Abbildlichkeit
wie in seiner Arbeit: „Abends II“ (2018). ist dem Promenadenporträt von Marion Eichmann
Christopher Lempfuhl (*1972) gelingt das eine nicht betitelte Arbeit von Hans Kuhn
Gegenteil. Seine zeitgenössische Plein-Air- (1905-1991) aus dem Jahr 1970 verwandt.
Malerei mit bemerkenswert zupackendem Duktus Zunächst in enge Berührung gekommen mit der
zeichnet weithin sichtbar ihre haptische Qualität figurativen Malerei, entwickelt der Schüler von
aus neben ihrer Lichtfülle. Reliefcharakter hat Ludwig Meidner eine Bildsprache, die Abstraktion
diese Malerei, die transitorisch erscheint: nicht wie auch Abbreviatur ist. Kuhn zählt zusammen mit
mehr ganz der lebendigen Natur verhaftet, Werner Gilles und anderen zum Kreis der Ischia-
aber ebenso wenig willens, sich ausnahmslos Maler, die das Licht und die Landschaft Italiens
zweidimensional verorten zu lassen. Der Schüler in ihre Bildwelt Eingang finden ließen. Stilisierte
von Klaus Fußmann schafft kein Natursurrogat, Pinien stehen für das mediterrane Lebensgefühl
er malt Bilder für den Spaziergang mit den in konstruierten Bildern mit geometrischen
Augen. Die „Villa im Morgenlicht“ (2015) entstand Facetten und Versatzstücken des Alltags. In Kuhns
während eines Arbeitsaufenthaltes in der Toskana. bodenständiger wie visionärer Malerei können
Seit 2000 arbeitet der Künstler immer wieder am architektonische und technische Formen in einem
Galeriestandort Schloss Mochental. Lehmpfuhls unwirklich erscheinenden abstrahierten Raum
Schöpfungen sind unwiderstehliche Einladungen zusammen finden. Im selben Jahr geboren wie
zum Abtasten der kräftigen Farbspuren mit Blicken Fritz Winter, bleibt Kuhn der Dingwelt deutlich
und allen Sinnen. stärker zugewandt als jener.
Bei Wolfram Scheffel (*1957) scheint
Architektur Vorwand zu sein für eine flächig lineare
kompakte Komposition: „San Francesco, Locarno“
(2016) ist ein farbsattes Bild mit starken Licht-
und Schattenpartien, dabei unmissverständich
gegenständlich und dennoch der monochromen
Malerei verbunden sowie explizit interessiert am
Farbfeld.
Der Papierschnitt „Promenade II“, (2020) von
Marion Eichmann (*1974) darf betrachtet
werden als eine Ode an Linearität und die
Geometrie. Kreis, Viereck, Dreieck bilden die
Grundformen dieser Papierarbeit mit Lämpchen
und Lampen, die die Kardinalfarben förmlich
ausleuchtet, während sie auch als Paraphrase
auf das Schwarze Quadrat von Malewitsch oder
an die Quadrat-Ehrungen von Josef Albers
gelesen werden kann und gleichwohl der Realwelt
verhaftet bleibt. Eichmann geht es um Struktur
und Rapport. Ihre menschenleere und trotz der
12 13