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Blick in die Ausstellung

Erkundung des Terrains (Teil), S. Angelo, Ischia, 2006, Aquarelle, je 65 x 50 cm

Einladungskarte

Atelier

Reqiem für Werner Heidt, Reutlingen, 2006, Öl auf Leinwand, 200 x 120 cm

Erich Mansen - 14. Januar bis 3. März 2007

Wir präsentieren: Erich Mansen - Erkundungs des Terrains - Malerei, Ölbilder und Aquarelle.

Rede des Künstlers zur Ausstellungseröffnung Erich Mansen Erkundung des Terrains Galerie Schloß Mochental Eröffnung:

Sehr verehrte Damen, meine Herren, die fast ausschließliche Beschäftigung mit der Zeichnung in den Jahren von 1962-1979 schloss ich mit dem Zeichnungskatalog von 1979 ab. In diesem Jahr bezog ich neben meinem Atelier am Weißenhof in der Kunstakademie Stuttgart ein Atelier im „Alten Schloß“ Kißlegg: einen unregelmäßigen, fünfeckigen Raum von zweimeterzehn Höhe und ca. vierzig Quadratmetern Fläche mit Fenstern in drei Himmelsrichtungen und vier großen Wandflächen.

Die Wandflächen bespannte ich mit Leinwänden von zwei Metern Höhe, in verschiedenen Breiten von einem Meter bis zu einem Meter und siebzig. Vom Zentrum des Raumes aus wandte ich mich den verschiedenen Leinwänden je nach Intention zu, diese abwechselnd in körperlicher Nähe aus vollem Armschwung bearbeitend .

Ich lebte mit und in ihnen und trieb wechselnde Gestalten in sie hinein. Heute möchte ich meine Vorgehensweise einer Forderung von Degas vergleichen, die er vom Philosophen Bacon hatte: „homo additus naturae“. Denn der Mensch als Diener und Dolmetscher der Natur wirkt und weiß nur soviel, wie er von der Natur durch seine Werke oder durch seinen Geist beobachtet hat.

Mehr weiß er nicht und mehr vermag er nicht . Manche der Kißlegger Bilder, die ich später auf Keilrahmen übertrug, begleiten mich noch heute. In dieser Ausstellung zum Beispiel die Titel „Schlanker Krug“ und „Atelier I“, die in einer ersten Fassung unter anderen Titeln 1985 im Alten Theater Ravensburg zu sehen waren, sowie der Titel „nature morte“. Die Datierung der meisten Werke dieser Ausstellung auf das Jahr 2006 besagt also nichts über die Dauer der Arbeit an ihnen, sondern bezeichnet nur das Jahr der Fertigstellung.

Die etwa körperhohen Bildformate der Kißlegger Anfänge habe ich bis heute für den größten Teil meiner Arbeiten auf Leinwand beibehalten. Sie verweisen in rhythmisch organisierter Gestaltung auf Interieurs, bekannte und erst zu erschließende Räume. Interieurs als Einblicke und Ausblicke, als Verschränkung von Innen und Außen. Mit eingezogenen Flächen, die immer wieder die ideale Fläche des Bildes herstellen.

Die Interieurs konstituieren sich als körperhaft definierte Räume, deren Gegenstände sich einerseits als bekannte ablesen lassen, andererseits als scheinbar ungestalte Dinge mit gleicher Präsenz im Bilde behaupten. Die Verbindung beider, der gestalten und der ungestalten Dinge *, schafft einen suggestiven Raum, in den wir eintreten wie in ein Zimmer an einem fremden Ort, den wir im ersten Augenblick noch nicht begrifflich ordnen können. Eine Arbeit mit interieurhaftem Charakter, entstanden 2005/06, trägt den Titel „Requiem für Werner Heldt“.Der sehr deutsche Maler reiste auf Drängen von Freunden 1954 zu seinem Freund Werner Gilles nach Ischia. Man wollte ihn von seiner Berlin-Verzweiflung wegführen. Er verstarb jedoch bereits im Oktober jenes Jahres und wurde auf dem schönen hochgelegenen Friedhof von S. Angelo beigesetzt. Sein Wandgrab, dessen Marmor- platte die Inschrift besitzt: “Werner Heldt - pittore tedesco“ hat mich berührt; auch in Erinnerung an die Tafel in einem Bilde Poussins mit der Inschrift „et in arcadia ego“ (auch ich war in Arkadien geboren). Seit Jahren suche ich auf Ischia die Begegnung mit dem südlichen Licht, in der mir deutsche Maler, die ich schätze, voraus gegangen waren.Es sind Werner Gilles, von dessen Zeichnungen ich mich schon früh angesprochen fühlte, Eduard Bargheer, Rudolf Levi und Hans Purrmann. Zu diesen deutschen Lichtmalern fühlte ich mich durch mein Studium an der Karlsruher Akademie bei den Professoren Otto Laible und Walter Becker hingezogen, bestärkt durch einen Studienaufenthalt 1952 in Paris, der mich u.a. in Beziehung zur Matisse- und Dufy – Nachfolge brachte, der ja auch Rudolf Levi und Hans Purrmann angehörten. * Gestalte Dinge meint Dinge von benennbarer Gestalt. Ungestalte Dinge meint Dinge von begrifflich nicht definierbarer Gestalt. Bei meinen jährlichen Aufenthalten auf der Insel versuche ich seit 1978 eine neue eigene Interpretation. Die Gruppe der hier gezeigten Aquarelle entstand im vergangenen Jahr und gab der Ausstellung den Titel: „Erkundung des Terrains“. Jedes dieser Aquarelle ist eine Passage durch die Grundaufteilung der Fläche in neun annähernd gleiche Bildabschnitte. Nach der ersten spielerischen Orientierung mit Bleistift werden in vegetabilischer Struktur Komplexe ausgearbeitet, die sich auf die einzelnen Bildfelder beziehen, aber gleichzeitig Beziehungen zu Nachbarfeldern und schließlich durch übergreifende Passagen zum ganzen Blatt aufnehmen, das zum Schluß eine vielfältig verwobene Ganzheit pflanzlich metaphorischen Charakters aufweist. Farbig basieren die Arbeiten auf dem organisch lebensvollen Sekundärklang „grün orange violett“, dessen Wirkung Degas lapidar formuliert hat: orange koloriert, grün neutralisiert, violett gibt Schatten. Zum Schluß möchte ich noch auf eines der großen Querformate zu sprechen kommen. Es trägt den Titel „Im Horizont“. Es ist eines der Bilder, von denen der Maler weiß, dass es kommen wird. Endlich erscheint es, gibt sich zu erkennen. Als eine Erscheinung im Horizont. Eine noch unbegangene Insel? Treibgut davor? Du bist Orplid, mein Land! Das ferne leuchtet; Erich Mansen Mochental, 14. Januar 2007